Geschichte

Kinski

Meinen ersten Zugang zu Kinski`s Klaus holte ich mir durch Edgar Wallace-Filme. Da spielte er den Bösewicht mit der Aura des Psychopathen. Einmal sagte er einer blasshäutigen Schönheit am Filmtelefon: „Ich weiß genau, dass Sie noch leben“ – und dies mit einer Mimik, dass mir allein schon dieser Moment ins Mark ging. Im letzten Jahr sah ich – bereits schlafgerüstet – eine Wiederholung von “Je später der Abend” mit Moderator Reinhard Münchenhagen aus dem Jahre 1977.

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Kinski beleuchtete dabei den Begriff “Zuschauer” näher und der damals frisch ausgereiste Manfred Krug als zweiter Gast lächelte brav auf seinem Platz. Klaus war locker gelöst und dieser Umstand machte ihn für mich irgendwie nahbarer, menschlicher, weicher. Ein sich selbst reflektierender und unangepasster Kopf, wie ich ihn in heutigen Talkshows vergebens suche – dahingefletzt auf dem schäbigen Ledersofa. Der Beginn meines zweiten Zugangs, eines neuen Blickwinkels auf den bisherigen Oberbösewicht.

Wutausbruch bei Filmdreh zu „Fitzcarraldo“

 

Passend und quasi als Nachtisch zum „Kinski-verstehen-Menu“ die Doku “Mein liebster Feind”. Die Doku aus dem Jahre 1999 zeigt das komplizierte Verhältnis des Regisseurs Werner Herzog zu seinem Darsteller Kinski. Zu sehen sind Szenen aus allen fünf gemeinsamen Filmen: „Aguirre, der Zorn Gottes“, „Nosferatu“, „Woyzeck“, „Fitzcarraldo“ und „Cobra Verde“. Gezeigt werden auch Kinskis Wutausbrüche während der Zusammenarbeit.

Nachdem ich nun kürzlich „Jesus Christus Erlöser“ gesehen habe, waren es der Zugänge letztlich drei. Es ist der 20. November 1971 und Kinski will die erregendste Geschichte der Menschheit erzählen: Das Leben von Jesus Christus. Kinskis Vorhaben wird jäh unterbrochen und dies in Dauerschleife. Die Zwischenrufe und „Buhs“ nehmen kein Ende und Kinski bricht seinen Vortrag immer wieder ab. Klaus Kinski holt die Störenfriede auf die Bühne und schreit sie zusammen. Eine Zeit der Diskussion, in der das Publikum eben keine passive Beifallmaschine mehr sein wollte. Kinski hatte das unterschätzt. Am Ende ein einsamer Schauspieler mit einem Häuflein getreuer Zuhörer um sich herum …

Trailer „Mein liebster Feind“

 

Kinskis exzentrischer Charakter tat seiner Ausstrahlung und seiner Kreativität keinen Abbruch. Er schrie, fluchte und hatte Wutanfälle, die ihresgleichen suchten. Und doch tat Kinski`s Klaus etwas, dass ihn für mich ehrlich und liebenswürdig machte: Er lies „es“ heraus, setzte die Maske nicht mal im Film auf. Vergleiche mit den aktuellen “Sternchen” im deutschen Film lassen diese – so finde ich – blass und glattgebügelt wirken neben einem Mann, der unbequem und unkonform und einfach ein genialer Schauspieler war.

Der Film-Dienst schrieb in seiner Kritik: „Werner Herzogs Dokumentarfilm über Klaus Kinski, den verstorbenen Hauptdarsteller mehrerer seiner Filme. Herzog berichtet von Kinskis Wutausbrüchen und von katastrophalen Dreharbeiten, zeigt zum Beleg Out-Takes und reiste eigens zu den damaligen Drehorten in Südamerika. Der Filmemacher setzt sich zugleich selbst deutlich in Szene, sodass dies nicht nur ein Film über einen außergewöhnlichen Schauspieler und Menschen wurde, sondern auch über eine von Machtkämpfen und Eitelkeiten überschattete Männerfreundschaft. Als Dokument des dahingeschiedenen deutschen Autorenfilms von hohem Wert.“

Quelle: Wikipedia, YouTube

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