Soljanka

„Deutscher Nationalfeiertag“ oder lieber doch nicht?

Wir Deutschen feiern, so konnte ich lesen, heute den „Tag der deutschen Einheit“. Es ist der „Nationalfeiertag Deutschlands“. Aber warum wird er so nicht kommuniziert? Haben wir nicht am 3. Oktober 1990 unsere DDRBRDDeutschland Fahnen geschwenkt und am Reichstag mit der Politik ein inszeniertes Riesenspektakel besucht? Nach 23 Jahren wäre es doch an der Zeit, den dritten im Oktober schlicht als „Deutschen Nationalfeiertag“ zu bezeichnen. Oder lieber doch nicht?

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Wir hissen am Morgen die schwarz-rot-goldene Flagge, feiern regionales Brauchtum und begrüßen etwa Bürger, die an diesem Tag in den Rathäusern feierlich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. In der Bundeshauptstadt findet unter den Linden bis zum Brandenburger Tor eine Militärparade statt und am Himmel ziehen Kampfjets mit schwarz-rot-gelbem Schweif ihre Kreise.

Europas Politiker als Gäste erfreuen sich am nationalen Jubel der Deutschen und überhaupt sind die Straßen ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer …

Zugegeben, die Realität sieht etwas anders aus.

Wir Deutschen krampfen noch immer, haben aber auch unsere Gründe. Im Einigungsvertrag 1990 zum gesetzlichen Feiertag bestimmt, ist der Neutralbegriff „Tag der deutschen Einheit“ ein rein politischer. Eine „Wiedervereinigung“ gab es nie, die DDR wurde an die Bundesrepublik Deutschland angeschlossen oder besser, sie trat der BRD bei. Sich im „Beitrittsgebiet“ zu begeistern gelingt nur durch poltische Inszenierung oder tatsächliche Gemeinsamkeiten, wie etwa die Liebe zum Sport.


 

Ich habe heute morgen in meinem Kiez kaum ein deutsches Fähnchen gesehen, eine gespenstige Stille überzog die Straßen. Mir sind Bilder diverser Fußball-Großereignisse in Erinnerung, die anders aussahen. Viel Schwarz-Rot-Gold aus den Fenstern und viele Fahrzeuge mit reichlich Beflaggung. Die „Einheit“ lässt noch immer auf sich warten und der politische Mainstream dieser Tage ignoriert dies, sicher auch aus Ängsten heraus, nicht „politisch korrekt“ zu sein. Ein wichtiger Punkt, denn diese Angst wird an den Bürger weitergegeben. Die Politik als überfürsorgliche, ängstliche Mutter, die ihr Kind „überbehütet“. Die erste eigenständige Busfahrt wird für dieses Kind eventuell zum Horrortrip.

Was eint uns eigentlich wirklich? Sprache, Geschichte, Kultur, Mentalität. In den letzten Tagen und Wochen rund um die Bundestagswahl fiel auf, dass US-amerikanisch geprägtes „p.c“ (political correctness) über dem freien Wort, der freien Meinungsäußerung steht. Da werden alte Gespenster wachgerüttelt, indem „Entartung“ plötzlich – zumindest öffentlich-rechtlich gesehen – als rein nationalsozialistischer Begriff zerbröselt wird. Eurokritische Stimmen sind „rechtsradikal“, aber mindestens „rechtspopulistisch“ oder gleich „europafeindlich“. „Nationalfeiertag“ klingt eben nach „national“. So, wie „Negerkuss“ nach „Neger“, „Zigeunersauce“ nach „Zigeuner“ oder der „Sarotti-Mohr“ nach „Mohr“ klingen. Viele Begriffe, die Kulturgut bedeuten, werden im „p.c.-Wahn“ umbenannt.

Nationalfeiertag in Schweden

In George Orwells Roman „1984“ wurde der Begriff „Neusprech“ geprägt. Eine vom Regime künstlich veränderte Sprache, die geschaffen wurde, um das Denken zu manipulieren. Man könnte es aktuell so interpretieren: Das fast zwanghafte wegdrücken gemeinsamer Kultur (und auch die Sprache ist ein Kulturgut) schreit geradezu nach einem Ventil.

Zurück zum „Nationalfeiertag“:

Ein Blick über den Tellerrand zu unseren europäischen Nachbarn lohnt sich. Die Beispiele Schweden und Frankreich zeigen, dass ein „Nationalfeiertag“ eben ganz unmißverständlich eine freudige Angelegenheit der Nation ist, in der Menschen auch durch nationale Symbole ausdrücken, dass sie stolz sind, in diesem Land zu leben.

Der schwedische Nationalfeiertag am 6. Juni etwa, der gleichzeitig die Bezeichnung „Tag der schwedischen Flagge“ trägt, fällt laut einer Verordnung von 1983 auf den 6. Juni. Seit 2005 ist der Nationalfeiertag in Schweden auch ein arbeitsfreier Feiertag. Wer Schweden etwas kennt, weiß um die überaus tolerante und friedfertige Mentailität der Schweden. Am 6. Juni um 8.00 Uhr wird überall im Land die schwedische Fahne gehisst. Der Fahnenmast auf dem eigenen Grundstück wird endlich wieder blau und gelb beflaggt. Der Grundtenor des Tages ist eher traditionalistisch geprägt und in vielen Kommunen werden jene Menschen willkommen geheißen, welche in jenem Jahr die schwedische Staatsbürgerschaft bekommen haben. Die Parade des Reiterkorps in Stockholm darf nicht fehlen, das Königspaar fordert alle Schweden auf, mit ihnen zu feiern.

Nationalfeiertag in Frankreich

Bei unseren französischen Nachbarn findet der Nationalfeiertag am 14. Juli statt und erinnert einerseits an den Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789, andererseits an das Föderationsfest (Fête de la Fédération) 1790, das sich aber auf den Volksaufstand im Vorjahr bezog. In Frankreich stehen vor allem Militär und Patriotismus im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. Dies in einer Tradition, um die Wiedererstarkung Frankreichs nach der Niederlage von 1870 zu demonstrieren. Das Fest beginnt mit einem Fackelzug bereits am Abend des 13. Juli. Am Nationalfeiertag kündigen Kirchenglocken und Schüsse die Parade an. Die obligatorische Militärparade wird vom Präsidenten abgenommen. Am 14. Juli 2007 marschierten rund 1.000 Soldaten aus allen EU-Staaten bei der Militärparade mit. EU-Kommissionspräsident Barroso empfand dies als „großartige Geste“.

Vielleicht dokumentiert sich die tatsächliche „Deutsche Einheit“ dann, wenn wir Deutschen auch ohne inszenierte Politikerfeiern schwarz-rot-gold jubeln, Fenster und Gärten beflaggen, deutsches Brauchtum pflegen und vom „Deutschen Nationalfeiertag“ sprechen.

Quellen: Privat, Youtube, Wikipedia, treffpunkt-schweden.de

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