Sie sangen „Sag mir, wo du stehst“, „Oktobersong“ oder „Wir sind überall“ und meinten zu den Weltfestspielen 1973 „Ist das klar!“ – damals mit der späteren Silly-Sängerin Tamara Danz. Der Oktoberklub war eine feste Größe in der DDR-Musiklandschaft. In der DDR hatte der kanadische Folksänger Perry Friedman bereits seit 1960 Hootenannys (amerikanische Bezeichnung für ein ungezwungenes, geselliges Konzert) veranstaltet. Um ihn und das Jugendradio DT 64 sammelte sich eine Gruppe folkbegeisterter junger Leute, die, unterstützt von der FDJ-Bezirksleitung, im Februar 1966 den Hootenanny-Klub Berlin gründete.
Jeder konnte mitmachen, der Klub war offen und für DDR-Verhältnisse ungewöhnlich zwanglos. Gleichzeitig hatte die SED-Führung mit dem 11. Plenum im Dezember 1965 eine Verbotswelle gegen kritische Kunst und Jugendkultur eingeleitet und inszenierte Anfang 1967 eine Kampagne gegen „Anglizismen“. Der Hootenanny-Klub benannte sich daraufhin um in „Oktoberklub“. Der Name sollte Oktoberrevolution und DDR-Gründung assoziieren. Die Hootenanny-Bewegung wurde offiziell fortan „FDJ-Singebewegung“ genannt und als „Modellfall“ sozialistischer Kulturpolitik gefördert und vereinnahmt.
Die Mitglieder des Oktoberklubs waren „hundertprozentig rot, überzeugt, ehrlich“ (Reinhold Andert) und wollten die Gesellschaft aktiv mitgestalten. Mit der Verbindung von Politik und Unterhaltung brachten sie neue Elemente in die erstarrte politische Kultur der DDR ein, ließen sich jedoch auch für Repräsentationszwecke instrumentalisieren und wurden ihrem eigenen Anspruch „DDR-konkret“, „Alltag besingen, wie er ist“ (Reinhold Andert), oft nicht gerecht. Darüber gab es im Klub immer wieder Auseinandersetzungen, und einige Musiker wie Bettina Wegner verließen ihn wegen politischer Differenzen. Der Klub hatte in den Anfangsjahren eine durchaus bemerkenswerte Resonanz unter DDR-loyalen Jugendlichen, Oppositionelle lehnten ihn jedoch als „linientreu“ ab, und in den 1980er Jahren wurden seine agitatorischen Songs immer mehr als einschichtig und phrasenhaft empfunden.
Der Klub sang internationale politische Lieder, Eigenschöpfungen sowie traditionelle Volks- und Kampflieder. Neben normalen Liederabenden mit gemischtem Repertoire führte er ab 1971 auch revueartig gestaltete Programme auf (1971 FDJ-Nachtschicht, 1972 Kantate Manne Klein und Liebesnachtschicht, 1976 Prenzlauer Berg).
Der Klub war eine Amateurgruppe, zeitweise mit einem halbprofessionellen Kern. Die Besetzungen wechselten häufig. Insgesamt gehörten ihm im Laufe der Jahre ungefähr 180, zeitweise mehr als 40 Mitglieder an, die jedoch nicht alle künstlerisch tätig waren. Die Schriftstellerin Gisela Steineckert und der Komponist Wolfram Heicking hatten lange Zeit eine Art Mentorenrolle. Wichtige Autoren der Anfangsjahre waren Reinhold Andert, Kurt Demmler und Hartmut König, später Gerd Kern als Texter und Fred Krüger als Komponist. Ab 1987 stammen viele Texte und Kompositionen von Michael Letz.
Der Klub war auch „als Talentreservoir für den jugendorientierten Musikbereich von großer Bedeutung“ (Olaf Leitner). 1973 ging aus ihm die professionelle Songgruppe Jahrgang 49 hervor, die bis 1980 existierte. Einige Klubmitglieder machten künstlerische Solokarrieren (Reinhold Andert, Barbara Thalheim, Jürgen Walter, Gina Pietsch und andere), andere arbeiteten später in kulturellen Institutionen wie Rundfunk, Fernsehen, Schallplatte und Generaldirektion beim Komitee für Unterhaltungskunst. Hartmut König wurde 1989 stellvertretender Minister für Kultur.
1968 porträtierte Gitta Nickel den Oktoberklub in dem DEFA-Dokumentarfilm Lieder machen Leute. In den 1990er Jahren entstanden zwei Fernsehdokumentationen über die Geschichte des Klubs: Das Ende vom Lied (VPRO, Niederlande, 1992) und Sag mir, wo du stehst (Axel Grote und Christian Steinke, MDR 1993).
Quellen: Wikipedia, Privat.