Weil nicht alles gut war im Osten gestaltete sich damals auch die Suche nach den eigenen Vorfahren eher schwierig. Vor allem dann, wenn sie innerdeutsch und grenzübergreifend vonstatten gehen sollte. Dank Neuvereinigung wurden in den letzten drei Jahrzehnten Archive wieder zugänglich und Kirchenbücher nunmehr gesamtdeutsch einsehbar. Bis heute werden so zum Teil verdrängte und verschollen geglaubte Familienereignisse zu Tage gefördert.
Zettel im Schrank
In den späten Achtzigern saß ich mit meiner Großmutter an einem leeren Vordruck eines „Ahnenblattes zur Sippschaftstafel“ aus nationalsozialistischen Zeiten und begann, dort meine Ahnen einzutragen. Sie hatte ihre direkten Vorfahren und jene, meines im 2. Weltkrieg gefallenen Großvaters bis dato auf einem unscheinbaren Zettel stehen, der irgendwo im Schrank herumlag und heute bei mir gut aufgehoben ist. Mein Urgroßvater väterlicherseits stammte dabei aus dem hessischen Iba, einem (noch immer) beschaulichen und mittlerweile eingemeindeten Örtchen in der Nähe von Bebra. Mehr Informationen gab es nicht. Iba lag im bösen Westen und wir hockten in Eisenach und am Fuße der Wartburg, damals graue DDR.
Vor einigen Jahren fiel mir während einer Aufräumaktion jener „Oma-Zettel“ wieder in die Hände, was mich – wieder einmal – zur Suche nach meinen Wurzeln anstachelte. Ich begann, Standesämter und Archive anzuschreiben, wälzte Kirchen- und Adressbücher und fragte Verwandte – mit zum Teil für mich überraschenden Erkenntnissen.
Urgroßvater als Startpunkt
Alles startet mit meinem Urgroßvater väterlicherseits – Martin Karl Nikolaus Biesel, geboren am 10. Juli 1880 im hessischen Iba. Auf dessen – zu DDR-Zeiten bekannten – Lebensdaten beruhten viele meiner späteren Nachforschungen. Martin zog als junger Mann auf Arbeitssuche aus Waldhessen ins thüringische Eisenach, lernte dort meine Urgroßmutter – Hermine Ida Alma Niebergall – kennen, heiratete sie und hatte 3 Kinder: Erich, Fritz (mein Großvater) und Marta. Meine Urgroßmutter, die zwischenzeitlich mal einen kleinen Zigarrenladen betrieb, starb bereits 1939. Ein Jahr später heiratete meine Urgroßvater Ida Marie, geb. Mann, verw. Pieper. Am 11. März 1965 starb er. Soweit die Basics.
Kleine Anekdote zwischendurch
War ich bei meiner Oma zu Hause, kam uns manchmal eine sehr freundliche und eigentlich immer gesprächige ältere Dame entgegen, die ich nur als „Tante Lisbeth“ kannte. Sie erzählte dann immer mal etwas von „Vati“ und „Mutti“ und gab mir so ein wenig das Gefühl, als ob ich diese Personen hätte kennen müssen. Jahrzehnte später weiß ich nun, dass es sich bei dieser Frau um die angenommene Stieftochter meines Urgroßvaters handelte. Gesprochen wurde freilich damals darüber nicht wirklich.
Unehelich und Kind des 7jährigen Krieges
Urgroßvaters Vorfahren kamen übrigens ausnahmslos aus Hessen: Hattenbach, Stärklos, Iba und Umgebung. Die ganze – detaillierte – Geschichte meines Familiennamens lässt sich gut bis in Zeiten des siebenjährigen Krieges zurückverfolgen: 1761 wurde mein Vorfahr Anton Biesel unehelich geboren – ein Kind des 7jährigen Krieges.
Er ist denn auch der Erste mit diesem Nachnamen, welcher in seiner Schreibweise wohl eher einer Laune des örtlichen Pfarrers zu verdanken ist. Antons Mutter, Margarethe Hoffmann aus Hattenbach, war 39 und gab als Vater den „Jäger“ Johann Conrad Bissel aus dem Hannoverschen Regiment (Freytag’sches Corps) an. Der Pfarrer nutzte im örtlichen Kirchenbuch die Schreibweisen Bisell, Bissell und auch Bißel, bis er daraus irgendwann Bisel und schließlich final Biesel machte. Alle Nachfahren hießen – und heißen seitdem so.
Viele meiner Vorfahren fand ich übrigens bei „Ancestry“, wobei sich eine Dame besonders viel Mühe machte: Sie erforscht zahlreiche Familien des heutigen Landkreises Hersfeld-Rotenburg. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank nach Hessen!