Geschichte

Tischreden für zwei Jahre

Honecker und Kohl 1987

Der 7. September 1987 ist ein großer Tag für Erich Honecker. Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr spielt vor dem Bundeskanzleramt in Bonn die Nationalhymne der DDR. „Auferstanden aus Ruinen“ beim Klassenfeind, den „Bonner Ultras“, den westdeutschen Imperialisten. Es ist ein „Arbeitsbesuch“ in der BRD.

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Honecker genießt diesen Empfang wie einen Triumph. Es ist autosuggestiv der Sieg der besseren Gesellschaftsordnung über den „sterbenden und faulenden“ Kapitalismus und damit zweifellos der Höhepunkt in Honeckers politischer Karriere. Bundeskanzler Helmut Kohl dagegen wirkt angespannt, fast abwesend.

Kohl empfängt Honecker in der Bad Godesberger Redoute, einem Ballhaus aus kurfürstlicher Zeit. Er hat zur Bedingung gemacht, dass beide Tischansprachen im TV von BRD und DDR live ausgestrahlt werden. Für Honecker bedeuten die bestehenden Realitäten, dass „… Kapitalismus und Sozialismus sich ebenso wenig vereinigen lassen wie Feuer und Wasser.“ Kohl sagt unter anderem „… die Menschen in Deutschland leiden unter der Trennung. Sie leiden an einer Mauer, die ihnen buchstäblich im Wege steht und die sie abstößt.“


 

Fünf Tage reist Erich Honecker durch die BRD, macht Halt im Neunkirchener Stadtteil Wiebelskirchen, wo Familie Honecker in der Kuchenbergstraße 88 wohnte. Hier im Saarland wuchs Honecker auf, hier trat er mit 14 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD). Die Dachdeckerlehre bei seinem Onkel brach er ab, als er vom KJVD an die Internationale Lenin-Schule der Kommunistischen Jugendinternationale nach Moskau delegiert wurde.

Das Echo auf den Honecker-Besuch ist geteilt in der saarländischen Provinz. Die Freude der alten Honecker-Kameraden aus kommunistischen Zeiten prallt auf Ablehnung genervter Bürger, denen die permanente „Erich, Erich, Erich“ – Presse gehörig auf den sprichwörtlichen Geist geht. Honecker bleibt ein Apfel aus Mutters Garten als Souvenir, nachdem er Schwester Getrud besucht hat.

Beim abendlichen Empfang des Bürgermeisters im Bürgerhaus von Neunkirchen tritt Erich Honecker ans Mikrofon und spricht plötzlich außerhalb des vorgesehenen Manuskriptes:

„Aber ich glaube, wenn wir gemeinsam hinwirken, entsprechend dem
Kommunique, was wir nunmehr in Bonn unterzeichnet haben, dann wird auch
der Tag kommen, in dem Grenzen uns nicht mehr trennen, sondern Grenzen
uns vereinen. So, wie uns die Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen
Republik und der Volksrepublik Polen vereint.

Auf der letzten Etappe seiner Reise wird Honecker in München vom bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß empfangen. Das Zweckbündnis Strauß-Honecker funktioniert öffentlich hervorragend. Strauß spricht vom Willen „Die Einheit der Nation zu erhalten“, „ungehindertem Zueinanderkommen“ und „Kommunikation“.

Strauß weiter: „Wir werden deshalb alles, was in unserer Kraft steht tun, damit das Bewusstsein von der Einheit der Nation in zwei verschiedenen Staaten aufrechterhalten bleibt.“

Zwei Jahre später wird Honeckers Triumph, werden alle deutsch-deutschen Tischreden von den 89er Ereignissen überhohlt werden.

Quellen: Wikipedia, wdr.de, bpb.de, Youtube,

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