Soljanka

Nachlese

Es ist geschafft. Wie ging mir diese teutonische Weihnachtsstimmung in den letzten Tagen auf den Wecker! Als manipulierbares Kind am und vorm Baum (meist eine Kiefer aus dem nahen, volkseigenen Wald) wurde ich noch auf ein relativ harmloses Bimmelgeräusch geeicht, womit dann schließlich die jährliche „Bescherung“ eingeläutet wurde. Was ich damals noch nicht wusste: Mit diesem immer gleichen Ritual ging die Saat erst auf. Was die nächsten Jahre kam, war eine Hatz aus Konsumschlacht und Familientermin, der ich mich hin- und wieder, aber nicht immer entziehen konnte. Inzwischen genieße ich still und beobachte.

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Alles, aber wirklich alles, was da irgendwie am Jahresende noch an Sehnsucht nach der heilen Welt übrig geblieben scheint, muss sich also jährlich auf diese wenigen Tage fokussieren. Wildfremde Menschen (und Kassiererinnen mit roten Mützen) wünschen sich gegenseitig „ein frohes Fest!“, „feiern Sie schön!“ … oder ein „ihnen auch“, was betont freundlicher durchs Maul kommt, als sonst. Ehrlich ist das ganze dennoch nicht. Partnerbörsen werben auffällig oft für Zweisamkeit, das „Last-Minute-Geschenk“ schreit im Supermarkt „Hol mich hier raus, sonst verbrenne ich“. Eine große Zeitung gibt – FETTgedruckt – Ratschläge bei Gicht und Sodbrennen und im TV laufen die größten Weihnachtsfilme aller Zeiten mit und ohne Werbung.

Die Unbelehrbaren, die noch immer daran glauben, dass es sich bei der Zeit zwischen dem 24.12. und 01.01. um stinknormale Tage handelt, in denen man mal ganz besonders herumlümmeln und abschlaffen könnte, bleiben in der Minderheit. Was für ein Glück, schließlich müssen wir doch alle von irgendwas leben. Die gute Nachricht lautet also: In zwölf Monaten ist es wieder soweit.

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